Bundesamt für Kartographie und Geodäsie

Die Projekte „D-A-CH-Geoid“ und „European Alps Geoid“ – verbesserte grenzübergreifende Höhenbestimmung im Alpenraum

„Warum hat die Zugspitze zwei Höhen – es gibt doch nur einen Meeresspiegel?“

„Wie groß ist der Unterschied der Höhenangaben zwischen Deutschland, Österreich und der Schweiz?“

Haben Sie sich diese Fragen vielleicht auch schon einmal gestellt? Oder müssen Sie für ein grenzübergreifendes Projekt mit unterschiedlichen Höhenangaben arbeiten? Mit unserer Webanwendung können Sie Höhen in den aktuellen nationalen Bezugsrahmen der Länder Deutschland, Österreich und Schweiz transformieren.

Für wissenschaftliche Anwendungen besteht mit dem EVRS eine Grundlage für eine vereinheitlichte europäische Höhenbestimmung, die kontinuierlich weiterentwickelt wird. Offiziell gelten in der Landesvermessung allerdings weiterhin die nationalen Höhen. Diese beziehen sich auf den Meeresspiegel an unterschiedlichen Bezugspegeln zu unterschiedlichen Epochen, was sich in unterschiedlichen Nullniveaus niederschlägt (Abb. 1).


Abb. 1: Mittlere Höhenoffsets gegenüber dem europäischen Höhenbezugsrahmen EVRF2019 in Zentimetern

Unterschiedliche theoretische Grundlagen bei der Berechnung der Höhenangaben bewirken weitere lokale Abweichungen im Grenzverlauf (siehe auch Abb. 2):

Beispiel Zugspitze: 47,42112° Nord / 10,98623° Ost

DE:„m ü. NHN“(Amsterdam, DHHN2016)2962,08 m
AT:„m ü.A.“(Triest, MGI)2962,33 m
Differenz 25 cm

Beispiel Bad Säckingen (nahe Laufenburg): 47,549034° Nord / 7,955177° Ost
DE:„H. ü. NHN“(Amsterdam, DHHN2016)300,48 m
CH:„m ü.M.“(Marseille, LN02)300,79 m
Differenz 31 cm1
1 Die häufig angetroffene Angabe von 27 cm für Laufenburg bezieht sich auf die veraltete deutsche Höhenangabe „über NN“ (Normal-Null, normalorthometrische Höhen im System DHHN12).

Phase 1: Projekt „D-A-CH-Geoid“ und Testgebiet Bodensee

Das Projekt „D-A-CH-Geoid“ zielt darauf ab, die Grundlagen für die Höhenbestimmung in den Alpenländern zu harmonisieren. Es ist eine gemeinsame Initiative der zuständigen Bundes- und Landesbehörden der Landesvermessung im deutschsprachigen Alpenraum:

Im Rahmen der Kooperationsvereinbarung vom 19.10.2017 soll die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der regionalen Schwerefeldmodellierung gefördert, die zugrundeliegenden Daten und Modelle ausgetauscht und verbessert und den Nutzern von geodätischen Koordinaten die grenzüberschreitende Anwendung von Höhenangaben erleichtert werden.

Die Partner sind in ihren Ländern maßgeblich daran beteiligt bzw. dafür zuständig, den Referenzrahmen des nationalen geodätischen Raumbezugs zu bestimmen und zur Verfügung zu stellen. In dieser Funktion untersuchen sie den regionalen Verlauf der physikalischen Höhenbezugsfläche und bestimmen entsprechende Geoid- bzw. Quasigeoidmodelle in ihrem Landesgebiet. Nutzer von Satellitenpositionierungsverfahren können auf Grundlage dieser Modelle die national gültigen meeresspiegelbezogenen Höhen ermitteln.

Folgende Arbeiten wurden u.a. in der ersten Phase erfolgreich abgeschlossen:

1. Verbessertes regionales Geoidmodell in einem Fokusgebiet rund um den Bodensee

  • Austausch und Aktualisierung der Berechnungsgrundlagen für Geoidmodelle: Schweredaten, Geländemodelle, Passpunkte zur Validierung
  • Vergleichende Untersuchungen zur Geoidmodellierung im Hochgebirge
2. Verbesserte Höhentransformation zwischen den D-A-CH-Ländern
  • Umfängliche vergleichende Untersuchungen und Validierung zwischen den nationalen Höhenbezugsflächen (Geoidmodelle und weitere Höhentransformationsgitter) sowie der nationalen und europäischen Höhen im Grenzverlauf
  • Ableitung eines konsistenten Höhentransformationsmodells für die D-A-CH-Länder mit wenigen Zentimetern Genauigkeit
  • Entwicklung und Bereitstellung einer entsprechenden Webanwendung

Einen Überblick über die Höhendifferenzen im Grenzverlauf der D-A-CH-Länder gibt Abb. 2.


Abb. 2: Höhendifferenzen zwischen den offiziellen Höhendefinitionen der D-A-CH-Länder im Grenzverlauf in Zentimetern:
[DE] „m ü.NHN“ (Normalhöhen, Realisierung DHHN2016, Bezugspegel Amsterdam);
[AT] „m ü.Adria“ (normal-orthometrische Höhen, System MGI, Bezugspegel Triest);
[CH] „m ü.Meer“ (gezwängte unkorrigierte Höhen, Realisierung LN02, Bezugspegel Marseille).
Die farbigen Punkte geben die exakten Werte aus Grenzübergangsmessungen an, die flächenhafte Darstellung bezieht sich auf die Differenzen der entsprechenden Höhenbezugsflächen (Geoidmodelle):
[DE] GCG2016; [AT] Austrian Geoid 2008+Höhengrid; [CH] CHLN02

Phase 2: Aus dem „D-A-CH-Geoid“ wird das „European Alps Geoid“ (ElpG)

Die Berechnung der Höhenbezugsfläche für die D-A-CH-Länder beschränkt sich nicht auf die Landesgrenzen. Die zugrunde liegenden Daten (Schweredaten, Geländemodelle) werden auch für einen angrenzenden Bereich der Nachbarländer benötigt. Zugleich haben auch Frankreich, Italien und Slowenien einen Anteil am Alpenraum.

Gemeinsam mit den zuständigen nationalen Stellen für den integrierten geodätischen Raumbezug arbeiten wir daher aktuell an der Erweiterung der Initiative auf das gesamte Alpengebiet und angrenzende Tiefländer. Damit werden vom „European Alps Geoid“ auch Teile von Kroatien, Ungarn, der Slowakei und der Tschechischen Republik erfasst. Ein erweitertes Memorandum of Understanding als Grundlage für die Zusammenarbeit wird derzeit zwischen den beteiligten Institutionen abgestimmt.

Die Aktivitäten werden weiterhin eingebettet in eine pan-europäische Initiative für eine europäische Höhenbezugsfläche im Rahmen von EUREF, der wissenschaftlichen Unterkommission für europäische Referenzrahmen innerhalb der IAG. Als ein Beitrag zur EUREF Working Group „European Height Reference Surface” wird das EAlpG einer von vielen Grundsteinen für die erste offizielle Realisierung einer einheitlichen europäischen Höhenbezugsfläche im EVRS sein. Die Metadaten übe die nationalen Höhenbezugsrahmen und Transformationsprodukte werden zudem in die Modernisierung des Informationssystems für europäischen Koordinatenreferenzsysteme CRS-EU einfließen.

Hintergrundinformationen

Moderne Höhenbestimmung

Die Geodäsie beschäftigt sich mit der Messung und Berechnung exakter Koordinaten auf der Erdoberfläche. Früher geschah dies durch Strecken- und Winkelmessungen mit optischen Instrumenten, heute mittels Satellitennavigationssystemen (GNSS), z.B. GPS, Glonass, Galileo usw. Während man mit dem Navi oder Handy seine Position auf einige Meter genau bestimmen kann, erreicht man in der Geodäsie mit speziellen Techniken Genauigkeiten von wenigen Zentimeter (für bewegte Objekte) oder sogar Millimeter (bei Langzeitmessungen).

Was GPS nicht liefern kann, ist eine Höhe in Bezug auf den Meeresspiegel bzw. das örtliche Schwerefeld. Die räumlichen Koordinaten, z.B. ausgedrückt in geographischer Länge, Breite und auch Höhe, beziehen sich auf ein globales Referenzellipsoid und sind rein geometrisch.

Höhen werden hingegen noch immer durch ein klassisches Verfahren, das sogenannte Nivellement, bestimmt. Diese Messungen schließen am langzeitigen Wasserstand von Meerespegeln an und werden vom Schwerefeld beeinflusst. Ein Nivellierinstrument ist im Grunde ein präzises Fernrohr mit einer empfindlichen Wasserwaage. Die Bezugsfläche für die Höhenmessungen, d.h. die Gleichgewichtsfigur des Schwerefeldes im mittleren Meeresspiegel, wird in diesem Zusammenhang als Geoid bezeichnet.

Um GPS für Höhenmessungen nutzen zu können, braucht man daher ein Korrekturmodell, d.h. eine Höhenbezugsfläche, welche den örtlichen Abstand der Nullniveaufläche vom Referenzellipsoid angibt. Mit einem solchen Geoidmodell können dann ellipsoidische Höhen aus GNSS in meeresspiegelbezogene Höhen transformiert, also umgerechnet, werden.


Abb. 3: Schematische Übersicht von Höhen und Bezugshorizonten. Bei der Realisierung der Höhenbezugsfläche kommt es je nach Nullniveau (Bezugspegel) und Höhendefinition zu Unterschieden. Allgemein werden diese Modelle aber unter dem Oberbegriff „Geoidmodell“ zusammengefasst.

„Meeresspiegel ist nicht gleich Meeresspiegel – warum hat die Zugspitze zwei Höhen?“

Die Meere sind hochveränderlich und einer Vielzahl von Einflüssen unterworfen. Der reale mittlere Meeresspiegel liegt daher nicht genau in der globalen Gleichgewichtsfigur des Schwerefeldes. Auch im langzeitigen Mittel liegt er an jedem Küstenort auf der Erde unterschiedlich hoch.

Zugleich schließen Länder ihre Höhenmessungen wegen ihrer geographischen Lage an verschiedenen Pegeln an. Die Höhenangaben für einen bestimmten Punkt auf der Erdoberfläche, z.B. einen Berggipfel, unterscheiden sich dann von Land zu Land.

Vereinfacht gesagt beziehen sich die deutschen Höhen auf die Nordsee, die von Österreich und der Schweiz aufs Mittelmeer (siehe Abb. 1 und Zahlenbeispiel oben).

Das bedeutet, Höhenangaben und auch die dazugehören Höhenbezugsflächen (Geoidmodelle) sind nie absolut, sondern folgen einer Konvention (Festlegung) für das Höhennull.

So ist beispielsweise Belgien das einzige Land in Europa, dessen Höhen sich nicht auf das Mittelwasser, sondern den niedrigsten Gezeitenwasserstand (Lowest Astronomical Tide, LAT) beziehen.

„Warum variiert der Höhenunterschied entlang der Grenze?“

Verschiedene Definitionen bei der Berechnung der Höhenangaben (z.B. Berücksichtigung des lokalen Schwerefeldes oder der Gezeiten) führen zu weiteren Unterschieden. Man spricht von Höhenarten. Die Höhenunterschiede zwischen einzelnen Ländern können daher auch entlang des Grenzverlaufs variieren.

Mit der Umstellung des deutschen Höhenbezugs von „Normalnull“ auf „Normalhöhennull“ Anfang der 1990er Jahre haben sich auch die Höhendifferenzen zu den Nachbarländern geringfügig geändert!

Weiterführende Informationen finden Sie auf den Erläuterungsseiten (für normale Anwender bzw. für Experten) zur D-A-CH-Transformationsanwendung.

„Gibt es keine einheitlichen europäischen Höhen?“

Die nationalen Höhendaten werden nach Verfügbarkeit als UELN ausgewertet und als Realisierung des EVRS im Niveau des Amsterdamer Pegels (NAP) bereitgestellt.

Allerdings hat das EVRS aufgrund der Diversität der Höhennetze noch nicht die Bedeutung wie beispielsweise das ETRS89 bei der Positionsbestimmung, wo alle nationalen Lösungen auf den gleichen messtechnischen Grundlagen (Satellitennavigationssystemen) basieren. Nutzer erwarten das Höhennull auf dem Niveau ihres lokalen mittleren Meeresspiegels.

So beziehen einige Länder Ihre Höhen mittlerweile auf den Amsterdamer Pegel, d.h. deren Höhen sind nun prinzipiell kompatibel mit dem EVRS (z.B. Baltikum, Polen). Für Deutschland (mit Ausnahme der DDR) trifft dies dies historisch bedingt ohnehin zu.

Andere Länder, z.B. Österreich und Schweiz, haben sich entschieden, die gewohnte Höhendefinition für Endnutzer, z.B. Ingenieurvermessungen, beizubehalten.

Literatur

Rülke et al. (2013): Unification of European height system realizations. Journal of Geodetic Science 2(4):343-354, DOI: 10.2478/v10156-011-0048-1

Weitere Literaturempfehlungen und Verweise finden Sie am Ende der Erläuterungsseiten (für normale Anwender bzw. für Experten) zur D-A-CH-Transformationsanwendung.